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25.09.2006
Was sind eigentlich Anamorphosen?
...im richtigen Blickwinkel
Als eine Anamorphose (griechisch, „die Umformung“, „die Gestalt, Form“) bezeichnet man Bilder, die nur unter einem bestimmten Blickwinkel bzw. mittels eines speziellen Spiegels oder Prismensystems erkennbar sind, wobei diejenigen, welche einen Spiegel zur Entschlüsselung des Bildinhaltes benötigen, als katoptrische Anamorphosen bezeichnet werden. Bei Anamorphosen, die ohne Spiegel erkannt werden können, handelt es sich hingegen meist um Längenanamorphosen, bei denen das Bild sehr stark in die Länge gezerrt ist. Blickt man sehr flach auf eine solche Längenanamorphose, erscheint es entzerrt.
Seit dem Mittelalter kennt man diese Möglichkeit der Verschlüsselung von Botschaften und brachte es in vielen Kirchen Italiens zu einer wahren Meisterschaft. Zur Entschlüsselung muss man den richtigen Blickwinkel kennen.
Häufig wurden verbotene Motive, wie z.B. erotische Szenen, dargestellt. Zahlreiche Künstler malten Anamorphosen aus wissenschaftlichen Gründen; einige von ihnen waren gleichzeitig Mathematiker.
Adrian P. Goddijn ist für seine anamorphotischen Szenen bekannt. Ein bekanntes Beispiel ist auch das Gemälde von Hans Holbein dem Jüngeren, Die Gesandten aus dem Jahr 1533, das in der National Gallery in London hängt. Weitere Künstler und Grafiker, die (teils versteckte) anamorphotische Darstellungen wählten, sind unter anderem Erhard Schön, Cornelis Anthonisz, Hans Heinrich Glaser, Jean-François Niceron, Athanasius Kircher, Caspar Schott, Johann Stommel, Gaspard Antoine de Bois-Clair und Lodovico Buti.
Seit der Renaissance wird Anamorphose bei der illusionistischen Deckenmalerei eingesetzt, um die Deckenwölbungen und Unregelmäßigkeiten perspektivisch vom Standpunkt eines angenommenen Betrachters (von unten blickend) auszugleichen.
In der Kartographie bezeichnet man mit Kartenanamorphote Darstellungen mit uneinheitlichem Maßstab, oft auch als Anamorphose oder Anamorphote.
Bild klein:
Anamorphotisches Porträt von Karl I. von England. Die Position für die Aufstellung des zylindrischen Spiegels ist durch den Totenkopf markiert.
Bild groß:
Hans Holbein der Jüngere, Die Gesandten. Der Totenkopf wird sichtbar, wenn man ihn aus einem flachen Winkel von rechts betrachtet.