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6.10.2006

Haut und Ornament

...Infragestellung der westlichen Kultur

Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse ist bei dbv das Buch "Haut und Ornament" erschienen. Die Publikation fokussiert im Rahmen des Körperdiskurses die Haut des Menschen als Projektionsfläche. War es früher die Kleidung, die ornament-gleich den menschlichen Körper umhüllte und modellierte, so ist es heute auch der Körper selbst, der einen bedeutenden Bezugspunkt der Gestaltung darstellt. In der Gegenwart ist der Körper zum Gestaltungsprojekt geworden. Als integraler Bestandteil der persönlichen Identität begriffen, bietet er Anlass zu vielfältiger Stilisierung.
In der modernen Welt ist die Haut Zentrum körperspezifischen Ausdruckswillens geworden. Körperpraktiken der "body modifications", wie Tattooing, Piercing oder Scarification, stellen die Haut in den Mittelpunkt als Projektions- und Einschreibfäche kultureller wie individueller Erfahrungsweisen. Weit über traditionelle Körperpraktiken der Mode, der Kosmetik und des Sports greifen "dramatische Arbeiten am Körper" um sich: Neben den verbreiteten Praktiken des Tattooings und Piercings sind es Scarifications, wie Branding (Einbrennen von Narbenmustern), Cutting (hier werden Narbenmuster auf dem Körper durch mit Mineralpulver oder Meersalz absichtlich infizierte Schnittwunden angebracht), Stretching (Gewebedehnungen) bis hin zu Implantationen und "voluntary amputations". In diesen Praktiken kommt die Auflösung der Körpergrenze zum Ausdruck. Die Haut wird nicht mehr als Grenze zwischen Innen-Ich und Außen-Welt akzeptiert. Sie wird geritzt, geschnitten, gebrannt - das Außen dringt quasi nach Innen. Der Körper beziehungsweise die Haut wird zur Projektionsfläche von Grenzerfahrungen - des eigenen Körpers und der Kultur. Indem Praktiken und Techniken außereuropäischer Völker aufgenommen und interpretiert werden, führen diese zur Entgrenzung und (partiellen) Infragestellung der westlichen Kultur.

In der Schriftenreihe Mode und Ästhetik des Institut für Designforschung, herausgegeben von Dr. Irene Antoni-Komar, erscheint damit der dritte Band zu einer kultur- und designwissenschaftlichen Theorie der Modernen Körperlichkeit und Bekleidungswissenschaft.

Bibliographische Angaben:
Haut und Ornament : Körperbemalung mit Henna / Sylvia Rind
Hrsg. : Irene Antoni-Komar . - Oldenburg : dbv , 2006
(Mode und Ästhetik ; Bd. 3)
ISSN 1618-0755
ISBN 3-86622-014-6
154 Seiten, 46 Abb. (farbig)

Bild: Titelblatt, Haut und Ornament
dbv Deutscher Buchverlag GmbH



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