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17.10.2006
Que(e)r denken
... Queer Studies zum Thema Heteronormativität
FRANKFURT Queer Studies - das ist eine interdisziplinäre Forschungsrichtung, die sich aus kultur- und sozialwissenschaftlicher Perspektive kritisch mit dem Prinzip der Heteronormativität auseinandersetzt.
Anknüpfend an die Traditionen der Sexualwissenschaft und der Geschlechterforschung, analysiert sie patriarchalische Gesellschafts-, Denk- und Zeichenordnungen, die auf den Oppositionen des Geschlechts (männlich vs. weiblich) und der Sexualität (hetero vs. homo, bi, trans, inter) beruhen und ihre Normalität in der Weise begründen, dass sie angebliche Abweichungen ausschließen.
Wie diese Strategien der Normalisierung und Ausgrenzung funktionieren, welchen logischen Paradoxien und Widersprüchen sie unterliegen und zu welchen unheilvollen Konsequenzen sie für die "Randgruppen" ebenso wie für die "Normalen" führen, zeigen die Beiträge der Ringvorlesung an verschiedenen Beispielfällen.
Insofern versteht sich die Ringvorlesung nicht nur als Einblick in ein akademisches Forschungsgebiet, sondern auch als gesellschaftspolitische Stellungnahme.
Die Universität Frankfurt - auch dies zeigt die Ringvorlesung - bietet eine akademische Infrastruktur, die sie dazu prädestiniert, den Queer Studies, die seit über fünfzehn Jahren an angloamerikanischen Universitäten florieren, erstmals an einer deutschen Universität eine institutionelle Heimat zu geben.
Vorlesungsreihe Queer Studies
24.10.2006 Prof. Andreas Kraß (Frankfurt)
Freundschaft als Passion. Zur Codierung von Intimität in der
Vormoderne
31.10.2006 Prof. Martin Dannecker (Berlin)
Wie queer dachte Freud?
07.11.2006 Dipl.-Päd. Marc Thielen (Frankfurt)
Que(e)r durch die Welt - Lebenserfahrungen schwuler Flüchtlinge aus
dem Iran im deutschen Asyl
14.11.2006 Prof. Ulrich Wyss (Frankfurt)
Queer Parsifal
21.11.2006 Prof. Ralph Poole (Istanbul)
What Goes on in the Hamam? Turkey Is Coming Out
28.11.2006 Dr. Kerstin Söderblom (Frankfurt)
Queer Theologie - Chancen und Grenzen
05.12.2006 Uta Scheer M.A. (Kassel)
Queere Monster: Körper und Sexualitäten im gegenwärtigen Fantasy-
und Horrorgenre
12.12.2006 Dipl.-Psych. Barbara Köster (Frankfurt)
Signifikanten unter sich - "Es gibt kein Geschlechterverhältnis"
(Jacques Lacan)
19.12.2006 Prof. Mechthild Bereswill (Frankfurt)
Gefangene Männlichkeit - Umkämpfte Heterosexualität.
Zum Verhältnis von Gewalt und Geschlecht im Gefängnis
09.01.2007 Dr. Antke Engel (Hamburg)
Unauffällig, unbehelligt. Sexuelle Existenzweisen in Zeiten
konservativer Restauration
16.01.2007 Dr. Sylvia Mieszkowski (Frankfurt)
Das KIND - Reproduktiver Futurismus und Queere Kritik
23.01.2007 Dr. Nicole Karafyllis (Frankfurt)
Gendering Plants: Von Schwachholzauen, Soldatenwäldern und der
anlehnungsbedürftigen Natur
30.01.2007 Prof. Sabine Hark (Potsdam/Berlin)
Kategorialer Ärger. Gender Trouble und die Neuvermessung der
(deutschsprachigen) Geschlechterforschung
06.02.2007 Dr. Ina Hartwig (Frankfurt)
Diesseits der Homosexualität: Genets "Querelle" revisited
Jeweils Dienstag, 18 bis 20 Uhr, Raum 823, Casino, IG Hochhaus, Campus Westend, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt
Kontakt: Prof. Andreas Kraß, Institut für Deutsche Sprache und Literatur II; E-Mail: a.krass@lingua.uni-frankfurt.de
Veröffentlicht von: Dr. Ralf Breyer
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Main)
Bilder: Schröder-Sonnenstern
Ergänzungen zur Queer-Theorie:
Die Queer-Theorie (engl. Queer-Theorie) ist eine besondere Form des Dekonstruktivismus, in der das biologische Geschlecht, die Geschlechterrollen (engl. Gender) und die sexuelle Orientierung und die damit verbundenen Identitäten, Machtformen und Normen untersucht und einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Sie geht davon aus, dass alles, was mit geschlechtlicher und sexueller Identität (und in neueren Interpretationen, alles, was mit kultureller und sozialer Identität) zu tun hat, nicht naturgegeben, sondern Erscheinung und Produkt eines sozialen und kulturellen Konstruktionsprozesses ist.
Eines der zentralen Themen der Queer-Theorie ist die Sprachphilosophie bzw. Sprechakttheorie, die schon bei der Bezeichnung „Queer-Theorie“ eine Rolle spielen, nämlich in der Wiederaneignung und Rekontextualisierung der ursprünglich abwertenden Bezeichnung queer.
Die neuere Queer-Theorie beschäftigt sich nicht nur mit der Dekonstruktion von Sexualität, sondern mit allen Aspekten der Kultur, wobei immer wieder ein Bezug zu Geschlechtern und Geschlechterrollen hergestellt wird, vor allem aber Ausbeutungsverhältnisse kritisiert werden. Einer der wichtigsten Punkte ist dabei die radikale Offenheit des Begriffes queer. Das bedeutet, dass er in zahlreichen Debatten immer wieder durch verschiedene Gruppen neu angeeignet werden muss, die inkludiert werden wollen. (Z.B. homosexuelle, schwarze Lesben, die aus dem Landproletariat kommen; heterosexuelle Sympathisanten queerer Einstellungen usw.) Da diese Definition von queer - radikale Offenheit durch immer wiederkehrende Reinterpretation des Begriffes - selbst nur eine Definition von queer ist, die selbst verändert werden kann, ist es auch nicht weiter verwunderlich und sogar im Sinn von queer, auch von politischen Gruppen, die seine Offenheit einzuschränken versuchen (z.B. queer als Synonym für lesbischwul, als Synonym für lesbischwul und transgendered people, usw.) sowie von apolitischen Gruppierungen als "Spaßbezeichnung" verwendet werden zu können.