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30.01.2006

Erbe, Erbschaft, Vererbung - Überlieferungskonzepte zwischen Natur und Kultur im historischen Wandel

...zwischen Lamarckismus und Darwinismus


Eine kulturwissenschaftliche Tagung
am 09.02.06 - 11.02.06
in der Ruine des Rudolf-Virchow-Hörsaals
im Medizinhistorischen Museum der Charite


Eine der fundamentalen Figurationen der modernen Kultur ist die Unterscheidung zwischen Erworbenem und Ererbtem - eine Unterscheidung, die nicht erst mit der biologischen Kontroverse um vererbte und erworbene Eigenschaften auftrat, sondern schon um 1800 in verschiedenen Wissensgebieten thematisiert wurde. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Differenzierung zwischen erworbenen und vererbten Eigenschaften erstmals systematisch vorgenommen und dominierte seitdem die biologische, soziale und kulturelle Vorstellungswelt - oft schematisch tradiert unter dem Titel des Streits zwischen Lamarckismus und Darwinismus. Mit dem Verdikt gegen den sogenannten Lamarckismus war die Frage nach der Vererbung erworbener Eigenschaften im genetischen Zeitalter weitgehend tabuisiert. Eine erneute Aktualität und Forschungsbrisanz gewann das Thema erst jüngst mit der Wiederentdeckung komplexerer "epigentischer Erbprozesse" - d.h. solcher Vererbungsprozesse, die nicht auf die Übertragung von DNA zurückgeführt werden können.
Auf der Veranstaltung rücken auch jene kulturellen Gefüge in den Blick, in denen Eigenschaften, Generationen und Übertragungswege als Bestandteile der epigenetischen Theoriebildung allererst konstituiert werden - das heißt die Frage, wo und in welcher Weise kulturelle Aspekte in lebenswissenschaftlichen Modellen zum Zuge kommen. Denn die Vererbung von Erworbenem kann als Eintrittstor der "Kultur" in die „natürliche Reproduktion“ gelten.

Bilder:
Jean-Baptiste Antoine de Monet, Chevalier de Lamark (1744-1829)
war einer der bedeutensden Biologen des 19. Jahrhunderts. Er prägte den Begriff Biologie.


Illustration zu Lemarcks Giraffenhals-Theorie

Besonders bekannt wurde seine Evolutionstheorie, mit der er die Konstanz der Arten negierte und ihre Entwicklung auf Anpassung zurückführte.
Seine Theorie beruhte auf zwei Beobachtungen:
1. Lebewesen verlieren Merkmale, die sie nicht benötigen und entwickeln (infolge der Stärkung des betreffenden Organs durch konstanten Gebrauch) Merkmale, die sie benötigen.
2. Vererbung erworbener Eigenschaften - Lebewesen vererben ihre durch Gebrauch erworbenen Eigenschaften an ihre Nachkommen.

Beispiele dafür sind nach Lamarck der Giraffenhals und die Muskelentwicklung. Giraffen strecken ihren Hals, wodurch er länger wird (z.B. bei einer Dürre, da es Futter nur noch auf großen Bäumen gibt). Dieser lange Hals wird an die Kinder vererbt. Auch wenn sich diese Theorie als falsch erwiesen hat, und durch die Evolutionstheorie von Charles Darwin ersetzt wurde, war sie doch ein bedeutender Schritt zum Durchbruch des Evolutionismus. Lamarcks Ideen beinflussten Darwin und Ernst Haeckel, die ihm großen Respekt zollten.

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