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14.07.2006

Bonner Physiker sortieren Atome

...in Reih und Glied

Auf dem Weg zu einem so genannten Quantencomputer haben Physiker der Universität Bonn eine weitere wichtige Hürde genommen: Mittels einer "Laserpinzette" ist es ihnen gelungen, bis zu sieben Atome in Reih und Glied zu sortieren. Die Wissenschaftler haben diesen Vorgang gefilmt; das Ergebnis ist ab dem 12. Juli 19 Uhr auf der Homepage der Universität Bonn zu sehen, Internet:
www.uni-bonn.de

Über ihren Erfolg berichten sie am 13. Juli in der renommierten Fachzeitschrift Nature.
In dem Experiment bremste das Team um Dr. Arno Rauschenbeutel und Professor Dr. Dieter Meschede mehrere Cäsiumatome für eine Dauer von etlichen Sekunden soweit ab, dass sie sich fast nicht mehr bewegten, und lud sie dann auf ein "Förderband" aus Laserstrahlen um. Dabei handelte es sich um eine stehende Lichtwelle aus vielen Bergen und Tälern - vergleichbar vielleicht mit einem Stück Wellpappe. "In welchem Wellental die Atome genau landen, lässt sich leider nicht vorhersagen", erklärt Arno Rauschenbeutel. "Das ist ähnlich, als würde man mehrere Eier aus einer großen Schüssel in einen Eierkarton schütten - in welche Vertiefung sie dabei rutschen, ist Zufall."

Um mit Atomen rechnen zu können, muss man sie aber sehr exakt platzieren können. "Sämtliche Atome auf dem Förderband müssen denselben Abstand zueinander haben", skizziert Rauschenbeutel die Herausforderung. "Nur dann können wir sie in einem so genannten Quantengatter kontrolliert miteinander wechselwirken lassen." Durch Aneinanderreihen von solchen Gatteroperationen könnte man bereits einfache Quantenrechnungen durchführen.

Die Bonner Physiker haben daher in ihrem Experiment die Atome auf dem Förderband nachträglich "sortiert". Dazu machten sie zunächst ein Foto, um ihre Positionen festzustellen. Dann setzten sie das Förderband in Bewegung - und mit ihm die in den Wellentälern "eingesperrten" Cäsiumatome. Auf diese Weise transportierten sie die falsch platzierten Atome zu einer "Laserpinzette" - das ist im Prinzip nichts anderes als ein weiteres Förderband aus Laserstrahlen, das zum Transportband senkrecht steht. "Wenn wir nun die Lichtwelle der Pinzette in Bewegung versetzen, können wir damit falsch platzierte Atome vom Transportband heben", erläutert Rauschenbeutel. "Dann fahren wir das Transportband an die gewünschte Stelle und setzen das entfernte Atom dort einfach wieder ein."

Im Film ist zu sehen, wie gut das funktioniert: Die Pinzette pickt hintereinander zwei Atome vom Band und setzt sie so wieder ab, dass sie genau den gewünschten Abstand zueinander und zu einem dritten Atom haben. "Um auf diese Weise sieben Atome zu sortieren, benötigen wir etwa zwei Sekunden", sagt Dr. Rauschenbeutel.

Nächstes Ziel der Bonner Physiker ist der Bau eines Quantengatters. Dazu wollen sie zwei Cäsiumatome mit Quanteninformation "beschreiben" und dann gemeinsam zwischen zwei winzige Spiegel sperren. Dort sollen sie miteinander wechselwirken, also durch Abgabe und Aufnahme von Fluoreszenzlicht Informationen austauschen. Wenn es klappt, wäre das der nächste Meilenstein der Bonner auf ihrem Weg zum Quantencomputer.

An atom-sorting machine. Yevhen Miroshnychenko, Wolfgang Alt, Igor Dotsenko, Leonid Förster, Mkrtych Khudaverdyan, Dieter Meschede, Dominik Schrader, Arno Rauschenbeutel. Nature (Bd. 442, Nr. 7099), 13. Juli 2006

Kleines Bild: Demokrit (460-371 v. Chr.)

(Der griechische Philosoph Leukipp (um 450-370 v. Chr.) und sein Schüler Demokrit (460-371 v. Chr.) waren die ersten, die sich die Materie aus unteilbaren Grundbausteinen (griechisch: atomos) aufgebaut vorstellten. Diese Atome sollten ihrer Vorstellung nach bereits die Eigenschaften der aus ihnen aufgebauten Materie aufweisen. Welche dieser Ideen von Leukipp und welche von Demokrit stammen, lässt sich heute nicht mehr feststellen, da Leukipp im Gegensatz zu Demokrit keinerlei Schriften hinterließ.)

Großes Bild: Joseph Louis Proust (1755-1826)

Der Atomismus wurde zwar später von der philosophischen Schule Epikurs (341-270 v. Chr.) aufgegriffen, andere Philosophen wie Platon (428-348 v. Chr.) und Aristoteles (384 - 322 v. Chr.) lehnten ihn jedoch entschieden ab. Der Hauptgrund dafür war die Ablehnung des Vakuums, des leeren Raumes, in dem sich nach Leukipp und Demokrit die Atome bewegen sollten.

Erste experimentelle Hinweise darauf, dass die Materie tatsächlich aus kleinen Bausteinen aufgebaut ist, fanden sich erst Anfang des 19. Jahrhunderts. Damals stießen Chemiker wie Joseph Louis Proust (1755-1826) und John Dalton (1766-1844) darauf, dass sich die chemischen Elemente nur in bestimmten ganzzahligen Verhältnissen miteinander zu Molekülen verbinden. John Dalton erklärte dieses Phänomen 1808 damit, dass die Elemente aus nicht mehr teilbaren, kleinsten Einheiten bestehen und griff für diese Teile den alten griechischen Begriff des Atoms wieder auf.

Kontakt:
Dr. Arno Rauschenbeutel
Institut für Angewandte Physik der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-3471
E-Mail: Arno.Rauschenbeutel@iap.uni-bonn.de


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